MÄNNER SIND, UND FRAUEN AUCH!

Warum gibt es mehr Unternehmer als Unternehmerinnen, warum mehr Gründer als Gründerinnen und überhaupt mehr Männer in Führungspositionen als Frauen. Antworten auf diese Fragen gibt es viele (unterschiedliche). Vor einigen Tagen schrieb Gründer der Berlin Start-Up Academy und mein guter Freund Christoph Raethke darüber in Edition F einen Artikel mit dem Titel „Liebe Frauen, reißt euch mal zusammen!“.

Christophs These, so wie ich sie lese: man muss nicht nur träumen, sondern auch machen. Machen tut weh und Frauen sollten sich mal zusammenreißen und diese Schmerzen aushalten, dann wird das auch was mit dem Unternehmerinnentum. Er sagt auch: „Frauenförderung funktioniert nicht mit eigenen Autoscootern, auf denen homöopathisch gerempelt wird. Manche Dinge kann man nicht sanfter machen, als sie sind.“ 


Lieber Christoph,

stimmt, man kann manche Dinge nicht sanfter machen als sie sind. Warum sollte man auch? Und warum setzt Du Frauenförderung mit sanfter machen gleich? Ich weiß nicht an welcher Stelle Frauenprogramme, die Frauenquote oder aber auch reduzierte Arbeitszeiten für Familien, Kinderbetreuungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer und –nehmerinnen sanft sind. Frauen suchen nicht Arbeit light. Wir wollen eine spannende Aufgabe erfüllen, etwas tun das uns Spaß macht und Anerkennung bringt und gern hätten wir dazu noch einen fairen Lohn (d.h. auch für gleiche Arbeit gleiches Geld wie ein Mann). Und viele Frauen müssen sich auch überlegen wie sie Familie und Arbeitsleben kombinieren können, denn meist sind es noch immer Frauen die an ihrer Arbeitsstation etwas ändern wenn Kinder kommen.

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Ich halte es gelinde gesagt für eine Frechheit, wenn mir ein Mann (noch dazu ein so privilegierter wie Du) sagt wir Frauen sollen uns nur mal zusammenreißen.

Unser neuer Babysitter ist ein toller junger Mann, der sich für den Beruf des Erziehers entschieden hat. Neben seiner Ausbildung möchte er gern Geld verdienen. Am liebsten babysitten, das hat immerhin was mit seinem gewählten Beruf zu tun, seinem Traum den er verfolgt. Auf seine Bewerbungen bekam er kaum auch nur eine Antwort und wenn dann Absagen. Man wolle keinen Mann der auf die Kleinen aufpasst. Meine Reaktion darauf ist nicht: „nun reiß Dich mal zusammen!“

Ich finde das ungerecht und unverschämt und wenn mich jemand fragt ob ich einen guten Babysitter weiß, dann werde ich ihn empfehlen und wenn mir jemand sagt es sei schön, dass unsere Kita männliche Erzieher hat, aber die sollen bitte nicht in den Wickelgruppen arbeiten, dann werde ich empört aufschreien. Denn ich weiß wie es sich anfühlt aufgrund meines Geschlechts und nicht wegen meiner Fähigkeiten beurteilt zu werden.

Aber ich schweife ab. Dir ging es um die Frage warum wenige Frauen gründen. Dann fangen wir mal bei der Grundeinstellung an. Frauen wird erst mal weniger zugetraut und ich glaube Frauen trauen sich oft auch selbst nicht so viel (zu). Den Gründen nachzugehen führt hier zu weit, können wir aber auch gern diskutieren. Ist das aber ein Grund zu sagen, dann lasst es halt bleiben? Nein, in meinen Augen nicht. Das ist erst recht ein Grund Frauen stark zu machen und zu unterstützen. Und wir müssen immer wieder über diese Themen sprechen, damit sich in unseren Köpfen etwas verändert. Insofern danke für Deinen Artikel, auch wenn ich nicht mit den Aussagen einverstanden bin.

Frauen stark machen, heißt aber auch nicht sie zu Männern zu machen. Männer sind, und Frauen auch – verschieden. Das ist doch auch gut so. Die Ungerechtigkeit entsteht aber darin, wenn man nicht die gleichen Chancen hat seine Träume zu erfüllen und die haben wir einfach nicht. An dieser Stelle kann ich Dir den Freakonomics Podcast zum Thema „Women are not Men“ ans Herz legen.

Wenn ein Mann gründen will wird er vielen Fragen gegenüberstehen. Eine Frage werden die wenigsten aber je hören:

„Hast du dir schon mal überlegt hat was das heißt ein eigenes Geschäft zu führen, wie soll das denn (mal später) mit Familie gehen?“ – Wann zum Kuckuck werden Männer mal gefragt wie ihre Karrierewünsche denn mit Familie vereinbar sein sollen? Wenn ein Mann Karriere machen will, dann geht man davon aus, dass alles mögliche ihn daran hindern könnte, aber sicher nicht der Wunsch nach Familie, denn das ist in unserer Realität zum größten Teil Frauensache.

Überhaupt das ganze Ding mit den Kindern und der knappen Zeit. Schau Dich mal in Deinem Freundeskreis um, Christoph. Wie läufts denn da? Wie teilen sich Deine Unternehmerfreunde die Lust und Last des Unternehmertums mit denen der Familie? Wer arbeitet (egal jetzt wie lange) und kümmert sich hauptsächlich um den Haushalt? Wer verbringt hauptsächlich Zeit mit den Kindern? Wer weiß dass Tante Erna ein Geburtstagskärtchen erwartet, Karl beim Kindergeburtstag nur laktosefreie Schokolade essen darf, die Gummistiefel wieder zu klein sind und… Du weißt was ich meine. Das ist zum Beispiel ein Teil meiner Realität der nie Feierabend hat. Wenn ich meine Schmerzkapazität zu 80% dem Beruf geben kann und nur 20% zu Hause ausgebe, dann habe ich tatsächlich mehr Kraft im Berufsleben. Ist aber eben nicht die Realität der meisten Frauen.

Du sagst „Niemand kann den Schmerzen ausweichen, die sich einstellen, wenn man sich komplett an eine Sache hängt und Verantwortung für andere Menschen übernimmt. Wie im Privaten – große Liebe, Waschbrettbauch, Familie – sind sie auch im Berufsleben nicht männergemacht oder einer feindlichen Umwelt anzulasten.“ Aber Christoph, das Berufsleben ist männergemacht. Von Männern, die selbstverständlich arbeiten gingen und ihre Frauen waren zu Hause bei den Kindern.

Das ist nämlich der Punkt, wenn man berufstätig ist und Familie hat, kann man sich nicht komplett an eine Sache hängen, weder Familie noch Beruf, noch Selbsterfüllung. Dann ist man zerrissen und da kommen die Schmerzen wieder ins Spiel. Die sind dann manchmal einfach unerträglich groß.

Dann nämlich, wenn Dein Kind auf dem Spielplatz nach Dir schreit, aber Du gerade noch die letzten geschäftlichen Telefonate versuchst zu führen. Wenn Dein Kind einfach morgens nicht in die KiTa will und nach Dir weint. Wenn es krank ist ausgerechnet an dem Tag an dem Du einen wichtigen Termin hast. Und bei Dir bleibt immer das Gefühl zurück nichts mehr ausreichend gut zu machen. Drum erzähl mir nicht, dass es Schmerzen sind die Frauen fürchten und sie Samthandschuhe verlangen, wenn es um Programme für Frauen geht.

Was wir brauchen sind Vorbilder von Männern und Frauen, die sich trauen. Wir brauchen Frauen die gleich verdienen, damit die Aufteilung der Erziehungsarbeit nicht an der Finanzierung scheitert[1]. Wir brauchen flexible Kinderbetreuung. Wir brauchen Frauen die sich gegenseitig gratulieren, wenn eine erfolgreich im Job ist oder erfolgreiche Hausfrau und Mutter. Wir brauchen mehr Männer die sich an angeblich weibliche Themen wagen. Männer (insbesondere in Führungspositionen, denn sie dienen den Kollegen als Vorbild) die mehr als 2 Monate Elternzeit nehmen, die gehen weil im Kalender der Termin „mit Fritz zum Kinderturnen“ steht. Wir brauchen Männer in Teilzeit. Das wollen sie auch wie wir lesen können.[2] Das ist nicht Arbeitswelt light. Das ist eine andere Arbeitsrealität.

Katja

[1] Immerhin verdienen Frauen noch immer im Durschnitt ein Fünftel im Vergleich zu Männern. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/frauen-verdienen-im-schnitt-22-prozent-weniger-als-maenner-a-959294.html

[2] http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2014-05/arbeitszeit-vaeter-teilzeit

 

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